Anne Frank
Rian Verhoeven (Text),
Ruud van der Rol (Text),
Mirjam Pressler (Übersetzung)
Jurybegründung
Der Anne-Frank-Stiftung ist es gelungen, einen neuen Zugang zum Tagebuch der Anne Frank zu gestalten. Erzählt wird in Form einer Familienchronik in Bildern die Geschichte der Familie Frank von Annes Geburt 1929 bis 1942. In den alten Fotografien und Dokumenten entsteht das Bild eines bürgerlichen Familienlebens, das aufgrund der Zugehörigkeit der Franks zum Judentum durch die nationalsozialistische Politik brutal verändert wurde. Die umfangreichen Informationen lassen im...
Der Anne-Frank-Stiftung ist es gelungen, einen neuen Zugang zum Tagebuch der Anne Frank zu gestalten. Erzählt wird in Form einer Familienchronik in Bildern die Geschichte der Familie Frank von Annes Geburt 1929 bis 1942. In den alten Fotografien und Dokumenten entsteht das Bild eines bürgerlichen Familienlebens, das aufgrund der Zugehörigkeit der Franks zum Judentum durch die nationalsozialistische Politik brutal verändert wurde. Die umfangreichen Informationen lassen im Einzelschicksal das Schicksal der europäischen Juden in der NS-Zeit erkennen. Die Zeit des Untertauchens, beginnt mit Annes dreizehntem Geburtstag und den Tagebuchaufzeichnungen, die durch Bilder illustriert werden: Auf dem Ausschnitt eines Stadtplanes von Amsterdam folgt man den Franks auf ihrem Weg ins Versteck. Da ihnen als Juden die Benutzung von Verkehrsmitteln verboten war, legten sie ihn zu Fuß zurück. Ein Modell verdeutlicht die Anlage des Verstecks im Hinterhaus. Dazu finden sich Fotos von Annes Schulbüchern und alten Lebensmittelkarten. „Untertauchen" und „Alltagsleben" sorgen auch hier dafür, dass eine Verengung des Blicks und eine einseitige Heroisierung Annes vermieden werden. Für die Zeit des Leidensweges durch die deutschen Konzentrationslager stehen keine persönlichen Dokumente mehr zur Verfügung. Bilder von der Räumung jüdischer Wohnungen, Fotos aus dem überfüllten Lager Westerbork, von der Rampe in Auschwitz und schließlich aus Bergen-Belsen, wo Anne kurz vor Kriegsende an Typhus starb, sollen für die Zeit, da Anne verstummt, ihr Schicksal zeigen und im Massenschicksal den Leidensweg des einzelnen erkennen lassen. Ein Ausblick auf die Geschichte des Tagebuchs nach dem Krieg, Worterklärungen, eine Datenliste, ein Bücherverzeichnis und ein Register schließen den Band ab. Hervorzuheben sind noch die Karten: Die erste zeigt den Lebens- und Leidensweg Annes von ihrer Geburtsstadt Frankfurt über Aachen nach Amsterdam und von dort in die verschiedenen Konzentrationslager. Die zweite dokumentiert die wichtigsten Konzentrations- und Vernichtungslager zusammen mit der Anzahl der in den einzelnen Ländern ermordeten Juden. Das Anliegen des Buches wird auch hier deutlich: Annes Schicksal steht stellvertretend für das Schicksal von sechs Millionen ermordeter Juden.
Personen
© José Problete
1940 in Darmstadt geboren, studierte Malerei an der Akademie für Bildende Künste in Frankfurt und Sprachen in München und lebte für ein Jahr in einem Kibbuz in Israel. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat heiratete sie und bekam drei Töchter, die sie nach der Scheidung von ihrem ersten Mann alleine großzog. Sie arbeitete in verschiedenen Jobs, unter anderem führte sie ihren eigenen Jeansladen. Schließlich begann sie als freie Autorin und Übersetzerin zu arbeiten. Heute lebt Mirjam Pressler in Landshut bei München.
Bereits für ihren ersten Jugendroman Bitterschokolade wurde sie 1980 mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Seitdem hat sie beinahe 50 Werke für Kinder und Jugendliche verfasst. 1995 erhielt sie für Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen den Deutschen Jugendliteraturpreis sowie den Züricher Kinderbuchpreis. Darauf folgten viele weitere, unter anderem die Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache (2001), der Deutsche Bücherpreis für Malka Mai (2002) und der Deutsche Bücherpreis für ihr literarisches Lebenswerk.
1983 bot man ihr die Bearbeitung einer Rohübersetzung aus dem Niederländischen an. Obwohl sie der Sprache, nach eigener Auskunft, bis dahin nicht mächtig gewesen war, machte sie sich mit dem Wörterbuch in der Hand an die Arbeit. Seitdem sie mit ihrer Übersetzung von Anton Quintanas Paviankönig 1985 auf der Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis stand, sind viele weitere Auszeichnungen für ihre Übersetzertätigkeit hinzugekommen. 1986 und 1988 wurde sie als Übersetzerin zusammen mit den Autoren Els Pelgrom und Joke van der Leeuwen ausgezeichnet. 1991 stand sie sogar mit vier von ihr übersetzten Büchern auf der Nominierungsliste. Mirjam Pressler verstarb am 16. Januar 2019 im Alter von 78 Jahren.