Deesje macht das schon
Geschichte mit Bildern
Joke van Leeuwen (Text),
Joke van Leeuwen (Illustration),
Mirjam Pressler (Übersetzung)
Jurybegründung
Diese Odyssee eines kleinen Mädchens durch die Großstadtwelt ist ebenso spritzig und turbulent wie labyrintisch und beklemmend. Deesje ist ein schüchternes, etwas eigenbrötlerisches Kind. Sie soll allein zu ihrer Halbtante fahren, die in einer Großstadt wohnt und drei Kinder hat. Auf dieser Reise geht Deesje verloren. Sie kommt zwar auf dem Bahnhof an, kann aber im Gewühl die Halbtante nicht finden. Sie wird verwechselt von einer Frau, die sie nicht kennt, in einen Bus...
Diese Odyssee eines kleinen Mädchens durch die Großstadtwelt ist ebenso spritzig und turbulent wie labyrintisch und beklemmend. Deesje ist ein schüchternes, etwas eigenbrötlerisches Kind. Sie soll allein zu ihrer Halbtante fahren, die in einer Großstadt wohnt und drei Kinder hat. Auf dieser Reise geht Deesje verloren. Sie kommt zwar auf dem Bahnhof an, kann aber im Gewühl die Halbtante nicht finden. Sie wird verwechselt von einer Frau, die sie nicht kennt, in einen Bus voller Kinder verfrachtet. Die sind, wie sich bald herausstellt, Preisträger eines Aufsatzwettbewerbs, zur Stadtbesichtigung und zu einem Fernsehauftritt eingeladen. Deesje reißt aus, irrt in der Stadt umher, wird zur Nacht von einem Türenschließer und seinen Freunden aufgenommen, am nächsten Tag aber von der Frau aus dem Bus wieder aufgegriffen und landet sogar im Fernsehstudio vor der Kamera. Im Grunde entstehen alle diese Verwirrungen, weil die Erwachsenen Deesje buchstäblich nicht zu Wort kommen lassen, sie wollen sie auch gar nicht verstehen, weil sie sich nicht für sie interessieren. Ständig wird etwas mit ihr gemacht, was sie eigentlich nicht will. Nur der Türschließer und seine Leute sind eine beruhigende Ausnahme. Daß diese Geschichte nicht nur erschreckend ist, sondern als ein Leseabenteuer vergnüglich und spielerisch genossen werden kann, liegt an der Erzählkunst der Autorin. Ihr Einfallsreichtum ist unerschöpflich, die raschen Szenenwechsel sorgen für Entlastungen, sichern das gute Ende von Anfang an zu. Die Zeichnungen der Autorin nehmen das Erzählte auf, führen es weiter, entwerfen Alternativen, helfen von der Geschichte Abstand zu gewinnen, wenn sie allzu beklemmend wird. Deesje ist im Grunde ein starkes Kind, das sich bei aller Irritation selbst nicht verliert.
Personen
© Foto: privat
© José Problete
1940 in Darmstadt geboren, studierte Malerei an der Akademie für Bildende Künste in Frankfurt und Sprachen in München und lebte für ein Jahr in einem Kibbuz in Israel. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat heiratete sie und bekam drei Töchter, die sie nach der Scheidung von ihrem ersten Mann alleine großzog. Sie arbeitete in verschiedenen Jobs, unter anderem führte sie ihren eigenen Jeansladen. Schließlich begann sie als freie Autorin und Übersetzerin zu arbeiten. Heute lebt Mirjam Pressler in Landshut bei München.
Bereits für ihren ersten Jugendroman Bitterschokolade wurde sie 1980 mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Seitdem hat sie beinahe 50 Werke für Kinder und Jugendliche verfasst. 1995 erhielt sie für Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen den Deutschen Jugendliteraturpreis sowie den Züricher Kinderbuchpreis. Darauf folgten viele weitere, unter anderem die Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache (2001), der Deutsche Bücherpreis für Malka Mai (2002) und der Deutsche Bücherpreis für ihr literarisches Lebenswerk.
1983 bot man ihr die Bearbeitung einer Rohübersetzung aus dem Niederländischen an. Obwohl sie der Sprache, nach eigener Auskunft, bis dahin nicht mächtig gewesen war, machte sie sich mit dem Wörterbuch in der Hand an die Arbeit. Seitdem sie mit ihrer Übersetzung von Anton Quintanas Paviankönig 1985 auf der Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis stand, sind viele weitere Auszeichnungen für ihre Übersetzertätigkeit hinzugekommen. 1986 und 1988 wurde sie als Übersetzerin zusammen mit den Autoren Els Pelgrom und Joke van der Leeuwen ausgezeichnet. 1991 stand sie sogar mit vier von ihr übersetzten Büchern auf der Nominierungsliste. Mirjam Pressler verstarb am 16. Januar 2019 im Alter von 78 Jahren.