Der Mann von der anderen Seite
Uri Orlev (Text),
Mirjam Pressler (Übersetzung)
Jurybegründung
Die erschütternden Erinnerungsberichte des Polen Marian, der als 14-Jähriger die Verfolgung der Juden in Warschau und die Vernichtung des Ghettos unmittelbar miterlebt hat, zeugen davon, dass auch auf der polnischen Seite der Hass auf Juden sehr groß war. Selbst wenn man sie versteckte oder, wie der Stiefvater mit Marians erzwungener Hilfe, durch die Kanalisation Nahrungsmittel und Waffen in das Ghetto hinein, Babys und Flüchtlinge heraus schmuggelte, übervorteilte man sie meistens....
Die erschütternden Erinnerungsberichte des Polen Marian, der als 14-Jähriger die Verfolgung der Juden in Warschau und die Vernichtung des Ghettos unmittelbar miterlebt hat, zeugen davon, dass auch auf der polnischen Seite der Hass auf Juden sehr groß war. Selbst wenn man sie versteckte oder, wie der Stiefvater mit Marians erzwungener Hilfe, durch die Kanalisation Nahrungsmittel und Waffen in das Ghetto hinein, Babys und Flüchtlinge heraus schmuggelte, übervorteilte man sie meistens. Die Begegnung mit dem Judentum wird verbindlich in der Auseinandersetzung des Jungen mit dem Stiefvater, den er hasst, fürchtet und trotzdem respektiert. Dass Marians Vater Jude war, steigert den Konflikt ebenso wie die Freundschaftsbeziehung zu einem jüdischen Untertauchenden. Marians packende Erlebnisprotokolle werden durch Überlegungen zu existentiellen und religiösen Fragen vertieft.
Personen
© Foto: Alexa Gelberg
wurde 1931 in Warschau geboren. 1943 wurde er mit seinem Bruder und seiner Tante in das KZ Bergen-Belsen deportiert. Nach der Befreiung wanderte Orlev nach Israel aus und lebte mit seiner Familie in Jerusalem. Am 25. Juli 2022 verstarb er im Alter von 91 Jahren.
© José Problete
1940 in Darmstadt geboren, studierte Malerei an der Akademie für Bildende Künste in Frankfurt und Sprachen in München und lebte für ein Jahr in einem Kibbuz in Israel. Nach ihrer Rückkehr in die Heimat heiratete sie und bekam drei Töchter, die sie nach der Scheidung von ihrem ersten Mann alleine großzog. Sie arbeitete in verschiedenen Jobs, unter anderem führte sie ihren eigenen Jeansladen. Schließlich begann sie als freie Autorin und Übersetzerin zu arbeiten. Heute lebt Mirjam Pressler in Landshut bei München.
Bereits für ihren ersten Jugendroman Bitterschokolade wurde sie 1980 mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Seitdem hat sie beinahe 50 Werke für Kinder und Jugendliche verfasst. 1995 erhielt sie für Wenn das Glück kommt, muss man ihm einen Stuhl hinstellen den Deutschen Jugendliteraturpreis sowie den Züricher Kinderbuchpreis. Darauf folgten viele weitere, unter anderem die Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache (2001), der Deutsche Bücherpreis für Malka Mai (2002) und der Deutsche Bücherpreis für ihr literarisches Lebenswerk.
1983 bot man ihr die Bearbeitung einer Rohübersetzung aus dem Niederländischen an. Obwohl sie der Sprache, nach eigener Auskunft, bis dahin nicht mächtig gewesen war, machte sie sich mit dem Wörterbuch in der Hand an die Arbeit. Seitdem sie mit ihrer Übersetzung von Anton Quintanas Paviankönig 1985 auf der Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis stand, sind viele weitere Auszeichnungen für ihre Übersetzertätigkeit hinzugekommen. 1986 und 1988 wurde sie als Übersetzerin zusammen mit den Autoren Els Pelgrom und Joke van der Leeuwen ausgezeichnet. 1991 stand sie sogar mit vier von ihr übersetzten Büchern auf der Nominierungsliste. Mirjam Pressler verstarb am 16. Januar 2019 im Alter von 78 Jahren.