Die eiserne Lerche
Georg Herwegh - Dichter und Rebell
Michail Krausnick (Text)
Jurybegründung
Georg Friedrich Herwegh, 1817-1875: „Von den Mächtigen verfolgt/Von den Knechten gehasst/Von den Meisten verkannt/Von den Seinen geliebt". Was man ihm, als Fazit eines bewegten Lebens, auf den Grabstein schrieb, blieb noch weit über seinen Tod hinaus gültig. Seine „Neuen Gedichte", zwei Jahre nach seinem Tod erschienen, wurden, wie frühere Werke, sofort beschlagnahmt und verboten. Ja, bis heute ist gerade diese „Nachmärz"-Dichtung in den...
Georg Friedrich Herwegh, 1817-1875: „Von den Mächtigen verfolgt/Von den Knechten gehasst/Von den Meisten verkannt/Von den Seinen geliebt". Was man ihm, als Fazit eines bewegten Lebens, auf den Grabstein schrieb, blieb noch weit über seinen Tod hinaus gültig. Seine „Neuen Gedichte", zwei Jahre nach seinem Tod erschienen, wurden, wie frühere Werke, sofort beschlagnahmt und verboten. Ja, bis heute ist gerade diese „Nachmärz"-Dichtung in den Literaturgeschichten so gut wie nicht zur Kenntnis genommen. Bis heute ist Herwegh umstritten, abgelehnt, von den meisten verkannt- Herwegh, der politische Dichter, der immer auch ein politisch Handelnder war, der radikal Partei nahm für die Freiheit der Menschen und für soziale Gerechtigkeit. Partei nimmt auch Michail Krausnick in dieser Biographie. „Ich sympathisiere mit dem Dichter und Rebellen", erklärt er im Nachwort und macht so seinen Standort deutlich. Er versucht, „Herwegh aus seinen Werken und biografischen Äußerungen heraus zu verstehen, sein Denken, seine Intentionen und Ideale ernst zu nehmen." Als Quellen dienen ihm die Schriften Georg Herweghs und seiner Frau Emma, ihre Tagebücher und Briefe, die Äußerungen von Zeitgenossen (darunter Marx, Heine, Bakunin, Lassalle), Freunden und Kampfgefährten wie Gegnern. Krausnick zeichnet ein lebendiges Bild jener für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland so bedeutsamen Zeit. Denn die Stationen des Lebensweges von Herwegh- Erfolge wie Niederlagen, Irrtümer, Zweifel- sind nur in engem Bezug zu den politischen Ereignissen verstehbar, sie erscheinen in weiten Teilen als exemplarisch für politisch Gleichgesinnte. Vor diesem Hintergrund gelingt Krausnick in enger Verbindung von Leben und Werk eine einfühlsame, differenzierte Annäherung an den Menschen und Dichter, der mit seinem Erstling, den 1841 erschienenen „Gedichten eines Lebendigen", zum „Liebling aller freiheitlich gesonnenen Bürger", zum Hoffnungsträger aller revolutionären Erwartungen im deutschen Vormärz geworden war. Als „eiserne Lerche" hatte ihn Heinrich Heine damals in einem Gedicht begrüßt, doch auch heftige Angriffe der Reaktion ließen nicht lange auf sich warten. Publikationsverbot, Verspottung, Hetzkampagnen, Verbannung, Exil- sie begleiteten ihn von da an bis ans Ende seines Lebens. Doch selbst die misslungene Revolution von 1848 konnte ihn in seiner konsequenten politischen Haltung nicht irritieren. Ihn nicht und seine Frau Emma nicht, die ihn in allen Lebenslagen kompromisslos begleitete und unterstützte, eine wahrhaft starke Frau, der Krausnick voller Sympathie den Rang zukommen läßt, der ihr gebührt: „Emanzipation war für sie keine Frage, sondern ein selbstverständliches Gebot...". Herweghs Gedichte, seine Vorstellungen und Ideale sind unvermindert aktuell. Freiheit und Demokratie müssen immer wieder erkämpft werden. Daran erinnert die Biographie in eindringlicher Weise.