Macker
David Hughes (Text),
David Hughes (Illustration),
Abraham Teuter (Übersetzung)
Jurybegründung
Kinderalltag. Alle spielen miteinander. Nur Pascal spielt ganz alleine. „Komm Simon, wir machen Marco fertig." Der erste Fußtritt macht aus dem vergnüglichen Herumtoben ein Aktionsfeld für Aggressionen. Aus Spiel wird Gewalt. Fragen nach dem Warum und Rückzugsversuche lösen neue Angriffe aus. Aus unbekümmertem Miteinander wird ein beliebiges Gegeneinander. Aus Opfern werden Täter. David Hughes' Bilderbuch-Kinder sind nicht mehr die unschuldigen...
Kinderalltag. Alle spielen miteinander. Nur Pascal spielt ganz alleine. „Komm Simon, wir machen Marco fertig." Der erste Fußtritt macht aus dem vergnüglichen Herumtoben ein Aktionsfeld für Aggressionen. Aus Spiel wird Gewalt. Fragen nach dem Warum und Rückzugsversuche lösen neue Angriffe aus. Aus unbekümmertem Miteinander wird ein beliebiges Gegeneinander. Aus Opfern werden Täter. David Hughes' Bilderbuch-Kinder sind nicht mehr die unschuldigen Verfechter einer heilen Kinderwelt, für die das Bilderbuch immer noch herhalten muss. Grotesk überzeichnete Gestalten, latente, oft hinter Tiermasken verborgene Aggressivität, Hektik und Chaos begegnen uns hier. Die typisierten Figuren agieren vor dekorlosem Hintergrund, bilden eine farblose, duldend-zustimmende Kulisse für spontane Gewaltausbrüche. Sie schließen sich zu einer Kette „ausflippender" Monster zusammen, deren Anfang und Ende nicht auszumachen sind. Mit dem Illustrationsstil findet Hughes eine kritische ästhetische Form für die Darstellung elementarer Konflikte. Comicähnliche Bildsequenzen und filmisch inszenierte Bewegungsabläufe, sozusagen im Breitwandformat, schließen verwandte Bildmedien bewusst mit ein und entsprechen den veränderten Sehgewohnheiten der Kinder. Das Bilderbuch bildet Gewalt nicht einfach ab, vielmehr deckt es Hintergründe, Ursachen auf und stellt Gewalt zur Diskussion. Es erlaubt keine eindeutigen Zuordnungen zu Opfern und Tätern, Schuld und Verantwortung. Jeder kann jede Rolle spielen. Bequeme pädagogische Konfliktlösungsangebote verweigert das Buch. Es verschließt sich dem moralisch-wertenden Erklärungsmuster für unerwünschtes Verhalten von Kindern. Statt dessen integriert Hughes auf selbstverständliche und spielerische Weise die Aggressoren. Bei genauem Hinsehen lassen sich hinter hämischem Grinsen und drohenden Gebärden Angst und Hilflosigkeit ausmachen. Gewalt entsteht scheinbar aus dem Nichts, aus Frust oder Langeweile. Spiel kann in Gewalt münden und Gewalt kann von Kindern selbst spielerisch aufgelöst werden. Die konfliktlösende Möglichkeit des freien Spiels bekommt hier eine neue Dimension. In diesem Sinne ist das Buch ein aufklärender Beitrag zur aktuellen Gewaltdiskussion.