Cover: Such dir was aus, aber beeil dich! 9783596808328

Such dir was aus, aber beeil dich!

Kindsein in zehn Kapiteln

Nadia Budde (Text),
Nadia Budde (Illustration)


Fischer Schatzinsel
ISBN: 978-3-596-80832-8
12,95 € (D)
Originalsprache: Deutsch
Preisträger 2010, Kategorie: Jugendbuch
Ab 14 Jahren

Jurybegründung

Romane über die Kindheit kennen wir viele und Romane über die Kindheit von Autoren auch. Nadia Budde aber hat mit Kindsein in zehn Kapiteln einen ganz neuen und sehr sinnlichen Blick gewählt und ihre Erinnerungen vor allem in Bilder gefasst. Sie werden von knappen Texten begleitet, die an den richtigen Punkten schweigen und so Leerstellen für die Deutung schaffen. Buddes Text-Bild-Kompositionen folgen, und auch das ist innovativ in der Gattung der biografischen...
Kindheitserzählungen, keiner erzählerischen Chronologie. Vielmehr nutzt die Autorin sie auf bravouröse Weise, um in dicht erzählten Momentaufnahmen die eigene Kindheit in der DDR der 1960er und 1970er Jahre zu einer humorvollen Reflexion dessen werden zu lassen, was Kindheit eigentlich ist – über die kulturelle und zeitliche Gebundenheit hinaus. Und das ist eine Fülle von Gewohnheiten, die uns in der Erinnerung zum Schmunzeln bringen, wenn etwa auf einer Doppelseite kindliches Erleben und Tun ausgebreitet wird – wie „ins Badewasser Pinkeln“, „Sauerampfer essen“ bis zu der abergläubischen Marotte, auf Gehwegplatten nicht den Boden zu berühren. Das alles sind zwar liebevolle, aber durchaus keine nostalgischen Erinnerungen an diese sehr spezielle Lebensphase, und es werden auch nicht nur schöne Bilder gemalt. Vielmehr sind diese Kindheitsbilder oft kantig, rau, auch hässlich und manchmal so schroff, wie es im Titel des Buches schon anklingt.
 
Ebenso typisch wie das kindliche Tun sind die Wahrnehmungen, Denkmuster und Schlussfolgerungen, die man sich zurechtlegt in einer Zeit, zu der gehört, „manchmal unsichtbar zu sein“ und „oft etwas falsch zu verstehen“ – denn was, bitte, kann „friedliche Chorexistenz“ bedeuten? Zum Denken gehören auch abenteuerliche Erklärungen dafür, wie sich der Schnupfenschleimpegel im Kopf verschiebt, je nach Lage des Kopfes oder einlässliche Betrachtungen über die Unterschiede von „Landtod“ und „Stadttod“.
Im Text und viel mehr noch im Bild geht Budde der Frage nach der Kindheit auf allen Sinneskanälen nach – es geht um Gerüche der Kindheit, Klänge, haptische Erlebnisse und um visuelle Eindrücke. Der Nackengeruch des Großvaters ist ebenso erinnerlich wie der scharfe Dunst einer frischen Dauerwelle oder der Geruch von Kindern, deren Kleidung nicht gewaschen wurde. Bilder bleiben im Kopf von gleichartig ein- und ausgerichteten übereinander liegenden Wohnzimmern im Plattenbau und übrigens auch in jedem anderen Hochhaus jenseits der Mauer, die einen sich in jeder Wohnung sogleich „wie zu Hause“ fühlen lassen. Mit ihren sinnlichen Schnappschüssen versteht es Nadia Budde, den typischen Kindheitsblick auf die Geheimnisse der Erwachsenenwelt für den Leser anschaulich und zum Nacherleben in Text und Bild zu bannen.
 
Such dir was aus, aber beeil dich!ist bei allem Mehrwert, den die Doppeladressierung dem erwachsenen Mitleser verschafft, vor allem ein Buch für Jugendliche, die dabei sind, die Kinderzimmereinrichtung gegen ein jugendliches Mobiliar auszutauschen, ihre Kuscheltiere – bis auf eines vielleicht! – in den Keller oder auf den Dachboden zu verbannen und die Kinderbücher aus dem Regal zu räumen. Hier kommt ein Buch, das die Leere im Regal auszufüllen vermag und eine gelungene Anleitung ist, sich an die eigene Kindheit so zu erinnern, dass man sich liebevoll von ihr zu verabschieden und erwachsen zu werden vermag.
Romane über die Kindheit kennen wir viele und Romane über die Kindheit von Autoren auch. Nadia Budde aber hat mit Kindsein in zehn Kapiteln einen ganz neuen und sehr sinnlichen Blick gewählt und ihre Erinnerungen vor allem in Bilder gefasst. Sie werden von knappen Texten begleitet, die an den richtigen Punkten schweigen und so Leerstellen für die Deutung schaffen. Buddes Text-Bild-Kompositionen folgen, und auch das ist innovativ in der Gattung der biografischen Kindheitserzählungen, keiner erzählerischen Chronologie. Vielmehr nutzt die Autorin sie auf bravouröse Weise, um in dicht erzählten Momentaufnahmen die eigene Kindheit in der DDR der 1960er und 1970er Jahre zu einer humorvollen Reflexion dessen werden zu lassen, was Kindheit eigentlich ist – über die kulturelle und zeitliche Gebundenheit hinaus. Und das ist eine Fülle von Gewohnheiten, die uns in der Erinnerung zum Schmunzeln bringen, wenn etwa auf einer Doppelseite kindliches Erleben und Tun ausgebreitet wird – wie „ins Badewasser Pinkeln“, „Sauerampfer essen“ bis zu der abergläubischen Marotte, auf Gehwegplatten nicht den Boden zu berühren. Das alles sind zwar liebevolle, aber durchaus keine nostalgischen Erinnerungen an diese sehr spezielle Lebensphase, und es werden auch nicht nur schöne Bilder gemalt. Vielmehr sind diese Kindheitsbilder oft kantig, rau, auch hässlich und manchmal so schroff, wie es im Titel des Buches schon anklingt.
 
Ebenso typisch wie das kindliche Tun sind die Wahrnehmungen, Denkmuster und Schlussfolgerungen, die man sich zurechtlegt in einer Zeit, zu der gehört, „manchmal unsichtbar zu sein“ und „oft etwas falsch zu verstehen“ – denn was, bitte, kann „friedliche Chorexistenz“ bedeuten? Zum Denken gehören auch abenteuerliche Erklärungen dafür, wie sich der Schnupfenschleimpegel im Kopf verschiebt, je nach Lage des Kopfes oder einlässliche Betrachtungen über die Unterschiede von „Landtod“ und „Stadttod“.
Im Text und viel mehr noch im Bild geht Budde der Frage nach der Kindheit auf allen Sinneskanälen nach – es geht um Gerüche der Kindheit, Klänge, haptische Erlebnisse und um visuelle Eindrücke. Der Nackengeruch des Großvaters ist ebenso erinnerlich wie der scharfe Dunst einer frischen Dauerwelle oder der Geruch von Kindern, deren Kleidung nicht gewaschen wurde. Bilder bleiben im Kopf von gleichartig ein- und ausgerichteten übereinander liegenden Wohnzimmern im Plattenbau und übrigens auch in jedem anderen Hochhaus jenseits der Mauer, die einen sich in jeder Wohnung sogleich „wie zu Hause“ fühlen lassen. Mit ihren sinnlichen Schnappschüssen versteht es Nadia Budde, den typischen Kindheitsblick auf die Geheimnisse der Erwachsenenwelt für den Leser anschaulich und zum Nacherleben in Text und Bild zu bannen.
 
Such dir was aus, aber beeil dich!ist bei allem Mehrwert, den die Doppeladressierung dem erwachsenen Mitleser verschafft, vor allem ein Buch für Jugendliche, die dabei sind, die Kinderzimmereinrichtung gegen ein jugendliches Mobiliar auszutauschen, ihre Kuscheltiere – bis auf eines vielleicht! – in den Keller oder auf den Dachboden zu verbannen und die Kinderbücher aus dem Regal zu räumen. Hier kommt ein Buch, das die Leere im Regal auszufüllen vermag und eine gelungene Anleitung ist, sich an die eigene Kindheit so zu erinnern, dass man sich liebevoll von ihr zu verabschieden und erwachsen zu werden vermag.
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Personen

Illustration & Text
1967 in Berlin geboren, war Gebrauchswerberin, bevor sie in Berlin und London Kunst und Grafik studierte. Bereits ihr erstes Bilderbuch Eins zwei drei Tier wurde mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2000 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.
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