Volker Pfüller

Personenfoto: Volker Pfüller

Volker Pfüller, 1939 in Leipzig geboren, studierte von 1958-65 Kunst und Grafik in Ostberlin und begann gegen Ende der 1960er Jahre, kinder- und jugendliterarische Texte zu illustrieren. Ab 1987 illustrierte er auch eigene Verse in seinen Bilderbüchern. Heute lebt der 80-jährige Künstler in Berlin. Er wurde 2019 mit dem Sonderpreis Gesamtwerk Illustration ausgezeichnet. Am 23. Oktober 2020 ist Volker Pfüller im Alter von 81 Jahren verstorben.

Jurybegründung

Biologie
Dieser Baum ist knorrig,
weil er alt ist.
Er ist verzweigt,
weil er viel erlebt hat.
Er ist nicht schön,
aber in seinen Zweigen
ist ein Nest

(Klaus Kordon)[1] 


Was hat dieses Gedicht von Klaus Kordon mit seinem Leben und Werk zu tun?

Klaus Kordons Werk ist knorrig. Der Autor, 1943 in Berlin geboren, hat Eigensinn. Er war und ist Querdenker – mit seiner Distanz zur DDR wie mit seinem kritischen Blick auf Entwicklungen in der Bundesrepublik. Heinrich Mann hat er gelesen, geschätzt und verteidigt. Sein „Krokodil im Nacken“, wie er sein Gewissen im gleichnamigen Roman nennt, bewahrte ihn davor, ein Untertan wie Diederich Heßling zu werden. Für Krokodil im Nacken zeichnete ihn 2003 die erste Jugendjury mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis aus. 1995 erhielt er bereits den Deutschen Jugendliteraturpreis für seine außerordentlich überzeugende Biografie Die Zeit ist kaputt über Erich Kästner, einen anderen Querdenker. Sechs weitere Bücher des Autors waren seit 1979 auf der Auswahlliste des Deutschen Jugendliteraturpreises. Er wurde mit diversen Literaturpreisen im In- und Ausland ausgezeichnet. 2013 verlieh ihm Bundespräsident Joachim Gauck das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit der Begründung, dass Kordon sich in seinem Werk stets für ein „humanes Miteinander“ einsetze.

Das umfangreiche Werk Klaus Kordons steht im engen Zusammenhang mit seiner eigenen Lebensgeschichte. Sein Vater starb im Zweiten Weltkrieg, seine Mutter als er 13 Jahre alt war. Er wuchs in Kinder- und Jugendheimen der DDR auf. Seine Heimat war und ist Berlin. Als Exportkaufmann lernte er auf Dienstreisen verschiedene Länder der Welt kennen – ein Privileg für einen DDR-Bürger. Doch die wachsende Unzufriedenheit über Einschränkungen demokratischer Rechte führte letztlich zu dem Versuch, mit seiner Familie die DDR zu verlassen. Dies endete mit der Inhaftierung im Staatssicherheitsgefängnis in Berlin. Über diese Zeit berichtet Klaus Kordon in seinem Roman Krokodil im Nacken. Nach dem Freikauf durch die Bundesrepublik widmete er sich seit 1980 hauptberuflich dem Schreiben. Ein Glück für die deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur!

Mehr als 90 Kinder- und Jugendbücher hat Klaus Kordon geschrieben, viele wurden in andere Sprachen übersetzt. Einige haben den Weg in die Schulen als Klassenlektüre gefunden. Er erzählt Geschichten für Menschen jeden Alters. Diese spielen häufig in Berlin, aber auch auf anderen Kontinenten. Mit seinen Romanen baut Klaus Kordon literarische Brücken in andere Welten. Hervorzuheben sind dabei seine einzigartigen historischen Romane, die komplizierte geschichtliche Zusammenhänge verständlich machen. Ihre besondere Qualität besteht darin, dass die Fakten akribisch recherchiert sind und der Autor aus der Perspektive der unmittelbar betroffenen Zeitgenossen erzählt. So wird den Leserinnen und Lesern einerseits deutlich, welchen Einfluss politische Umstände auf Lebensläufe haben, und andererseits werden sie herausgefordert, für ihr eigenes Leben Entscheidungen zu treffen und es bewusst zu gestalten. Klaus Kordon gelingt es, eindrucksvoll deutlich zu machen, wie schwierig der Weg zur Demokratie ist, die ohne Freiheit nicht möglich erscheint. Dieses hohe Gut zu verteidigen und zu bewahren liegt dem Autor am Herzen. Und es lag auch jenen am Herzen, die vor 60 Jahren den Deutschen Jugendliteraturpreis ins Leben gerufen haben.

Immer erzählt Klaus Kordon von Problemen und Konflikten in einer Welt voller Widersprüche. Manchmal scheinen die Probleme klein, aber er mutet seinen Leserinnen und Lesern auch Beschreibungen von Krieg, Not, Unterdrückung und Tod zu. Er sagt: „Ich schreibe, weil mich das Leben interessiert – und das ist nun mal keine problemfreie Zone“. (Werkstattbuch, S. 23)

Doch er zeigt in seinen Büchern auch, dass es Geborgenheit gibt, Freundschaft und Liebe, die helfen, einen Weg aus der Not zu finden. Er nimmt seine Leserinnen und Leser ernst und begleitet sie bei ihrem Nachdenken darüber, wie die Welt eine friedliche und gerechte werden kann und wie sie ihren eigenen Weg in dieser Welt gehen können. Dies gelingt ihm dadurch, dass er eine Sprache findet, die die Leserin und den Leser sowohl neugierig macht auf Fakten, die zum Verständnis historischer Zusammenhänge nötig sind, wie auf die Gefühle der Frauen, Männer und Kinder, deren persönliche Schicksale immer im Mittelpunkt des Geschehens stehen.

Wir ehren Klaus Kordon als einen außergewöhnlichen Autor, einen mit Haltung, einen, der seinen Standpunkt immer wieder hinterfragt und neu bestimmt.

Wir gratulieren Klaus Kordon ganz herzlich zum Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises 2016 für sein Gesamtwerk und freuen uns auf weitere Bücher von ihm!
 
Sonderpreisjury 2016
Kathrin Buchmann
Irene Hoppe
Regina Pantos (Vorsitzende)
 
 
[1] Gelberg, Hans-Joachim (Hrsg.): Überall und neben dir. Gedichte für Kinder. Weinheim: Beltz & Gelberg 1986. S. 110.
Auszeichnung des Jugendliteraturpreises

Bücher

Bibliografie

Aderhold, Egon: Vater bekommt eine Eins. Berlin: Kinderbuchverlag 1990.
Buschmann, Wolfgang: Die Haselmaus ist nicht zu Haus. Berlin: Kinderbuchverlag 1982.
Hamilton, Virginia: Der Planet des Patrick Brown. Berlin: Kinderbuchverlag 1980.
Hurny, Albert: Krach mit Tante Rosi. Berlin: Kinderbuchverlag 1975.
Hüttner, Hannes: Der Zauberer Wizz. Computermärchen. Berlin: Junge Welt 1991.
Jandl, Ernst: Im Delikatessenladen. Für große und kleine Kinder. Berlin: Kinderbuchverlag 1988.
Kant, Uwe: Das Klassenfest. Berlin: Kinderbuchverlag 1969.
Kopácsy, Livia (Hrsg.)/Kahlau, Heinz (Nachdichtung): Ei, ei, Küchenmaus. Ungarische Kinderreime. Berlin: Kinderbuchverlag 1986.
Lüdemann, Hans-Ulrich: Die Patenjäger. Berlin: Kinderbuchverlag 1975.
Pawel, Henning: Joschkas Hund. Berlin: Kinderbuchverlag 1991.
Petri, Walther: Ein gelber Omnibus. Berlin: Kinderbuchverlag 1987.
Petri, Walther: König Edmund der Gefürchtete. Berlin: Altberliner Verlag 1991.
Pfüller, Volker: Ziegenbock im Bratenrock. Berlin: Aufbau 2000.
Reinke, Fred: Zar Wasserwirbel fährt Trabant. Ein Tag im Theater. Berlin: Junge Welt 1980.
Schwab, Gustav: Prometheus und andere griechische Sagen. Berlin: Kinderbuchverlag 1967.
Till, Wolfgang: Kasperlpuppen aus dem Münchner Puppentheatermuseum. Augsburg: Maro 1990.

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