Gabriele Haefs
wurde 1953 in Wachtendonk/Niederhein geboren und studierte in Bonn und Hamburg Sprachwissenschaft mit Schwerpunkt auf keltischen und skandinavischen Sprachen. Seit 1983 übersetzt sie aus dem Norwegischen, Dänischen, Schwedischen, Englischen, Gälischen, Niederländischen und Walisischen, und zwar hauptsächlich Kinder- und Jugendbücher, belletristische Romane sowie Sachbücher. Für ihre Übersetzungen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis und dem Deutschen Jugendliteraturpreis (1994 für Sofies Welt zusammen mit Autor Jostein Gaarder, 2017 für Sally Jones zusammen mit Autor Jakob Wegelius). 2008 erhielt sie den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für ihr übersetzerisches Gesamtwerk. Neben ihrer Tätigkeit als Übersetzerin arbeitet Gabriele Haefs als Herausgeberin von Anthologien sowie als Dozentin im Fach Übersetzung an der Universität Hamburg.
Jurybegründung
Seit mehr als zwei Jahrzehnten übersetzt Gabriele Haefs Kinder- und Jugendbücher aus dem Norwegischen, Dänischen, Schwedischen und Englischen. Herausragend ist dabei nicht nur die Zahl der Übertragungen – über 200 liegen mittlerweile vor –, sondern auch deren hohe sprachlich-ästhetische Qualität.
Obgleich Gabriele Haefs sämtliche Übertragungen der Bücher Jostein Gaarders angefertigt hat, würde die pauschalisierende Bezeichnung „Gaarder-Übersetzerin“ der enormen Vielfalt von Haefs’ Schaffen nicht annähernd gerecht. Ihre Bandbreite zeigt sich schon an der imposanten Zahl literarischer Gattungen und Formen, mit denen sie sich in ihrem übersetzerischen Werk souverän auseinandersetzt. Adoleszenzromane finden sich hier ebenso wie Sciencefiction-Bücher, dichte Bilderbuchtexte wie die von Ragnar Hovland stehen neben komplex strukturierter, umfangreicher Prosa à la Jostein Gaarder, und im Falle von Klaus Hagerups Buch Die Kaninchen singen in der Nacht erweist sich Gabriele Haefs als glänzende Lyrikübersetzerin.
Bemerkenswert ist indessen auch die Vielfalt der Sprachen, aus denen Gabriele Haefs Kinder- und Jugendliteratur überträgt. Die meisten Bücher stammen von norwegischen Autoren, darunter so renommierte Verfasser wie Klaus Hagerup, Unni Lindell, Ingvar Ambjørnsen und natürlich Jostein Gaarder. Einen festen und wichtigen Platz innerhalb Haefs’ Übersetzungsoeuvres hat zudem die dänische Kinder- und Jugendliteratur, vertreten u.a. durch die schräg-phantastischen Romane Bjarne Reuters sowie Thomas Windings Geschichten um den Kleinen Hund Mister. Auch schwedische Kinder- und Jugendbücher sind in diesem übersetzerischen Opus enthalten, beispielsweise Werke von Jakob Wegelius. Nicht minder erwähnenswert sind schließlich Haefs’ brillante Übersetzungen aus dem Englischen, von den Clarice Bean-Büchern der britischen Autorin und Illustratorin Lauren Child über die Rittergeschichten des Amerikaners Gerald Morris bis hin zu den fein humoristischen Kinderbüchern des schottischen Autors Eric Linklater.
Mannigfaltigkeit zeichnet Gabriele Haefs’ übersetzerisches Schaffen nicht zuletzt auf der sprachlich-literarischen Ebene aus. Virtuos geht Haefs mit den unterschiedlichsten Erzählstimmen, Dialogformen und narrativen Strukturen um. In der Übertragung des schwedischen Internatsromans Evil von Jan Guillou, in dem Gewalt auf ungewöhnlich direkte Weise thematisiert wird, bewahrt sie die klare und unverblümte Sprache des Ausgangstextes und ermöglicht dadurch eine erschütternde Lektüre. Gleichermaßen geglückt ist Haefs’ Wiedergabe der lakonischen, altklugen und selbstironischen Sprache, die wiederum für die Ich-Erzählerin in Lauren Childs Kinderbüchern Durch und durch Clarice Bean und Hin und weg von Clarice Bean charakteristisch ist. Gabriele Haefs’ Übertragung von Charlotte Glaser Munchs Liebesroman Sommerflügel hingegen zeigt, dass die Übersetzerin auch sanfte Poetizität außerordentlich gekonnt am Leben erhalten kann. Eine weitere sprachliche und literarische Herausforderung, der sich Gabriele Haefs erfolgreich gestellt hat, ist die Vermischung von Prosa und Lyrik in Klaus Hagerups Buch Die Kaninchen singen in der Nacht, einer Variation auf Lewis Carrolls Klassiker Alice im Wunderland mit zahlreichen intertextuellen Bezügen. Haefs vermag es nicht nur, die im Text enthaltenen Nonsensgedichte originell zu übertragen, sondern auch, den – von Hagerup gleichsam geborgten – Geist Carrolls durch die Übersetzung wehen zu lassen. Schließlich muss auch auf Gabriele Haefs’ exzellenten übersetzerischen Umgang mit den verwobenen Erzählebenen und den damit verbundenen wechselnden Erzählhaltungen in Jostein Gaarders metafiktionalen Romanen Sofies Welt oder Das Kartengeheimnis verwiesen werden.
Gabriele Haefs verweigert sich in ihren kinder- und jugendliterarischen Übertragungen jeglicher Verniedlichung und Simplifikation und zollt ihrer intendierten Leserschaft dadurch ebenso viel Respekt wie den Adressaten ihrer allgemeinliterarischen Übersetzungen. Zu der von Gabriele Haefs übersetzten Literatur für ein erwachsenes Lesepublikum gehören u.a. die populären Kriminalromane von Håkan Nesser, Anne B. Ragde und Anne Holt, die eigenwillige Prosa des irischen Autors Joseph O’Connor und die skurrilen Bücher ihres Mannes Ingvar Ambjørnsen. Fernerhin ist sie Herausgeberin verschiedener Anthologien mit skandinavischer Literatur.
Über ihre übersetzerische Tätigkeit hinaus hat sich Gabriele Haefs auch als Vermittlerin von Kinder- und Jugendliteratur hervorgetan. So ist es ihrem Engagement zu verdanken, dass Klaus Hagerup, Unni Lindell und Eric Linklater für den deutschsprachigen Buchmarkt entdeckt wurden. Für die Vermittlung von Jostein Gaarder und Bjarne Reuter ist Gabriele Haefs zwar nicht unmittelbar verantwortlich, umso mehr aber dafür, dass beide Autoren – durch hervorragende Übersetzungen – im deutschsprachigen Raum enorme Popularität erlangen konnten.
Gabriele Haefs hat mit ihrer übersetzerischen Fertigkeit und Vielseitigkeit sowie ihrem Engagement die deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur entschieden bereichert.
Sonderpreisjury 2008
Dr. Andreas Bode
Dr. Susann Kreller
Miriam Gabriela Möllers
Bücher
Bibliografie
Ambjørnsen, Ingvar
Die Gangster von Steinsund. Ein Fall für Fillip Moberg
Sauerländer 2007
Child, Lauren
Durch und durch Clarice Bean
Carlsen 2004 u. 2006
Gaarder, Jostein
Sofies Welt. Roman über die Geschichte der Philosophie
Hanser 1993. dtv 2000
Das Kartengeheimnis
Hanser 1995. dtv 1998 u. 2001
Das Leben ist kurz – Vita Brevis
dtv 1999 u. 2005
Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort
Hanser 1996. dtv 2000 u. 2001
Glaser Munch, Charlotte
Sommerflügel
Sauerländer 2004. Carlsen 2006
Guillou, Jan
Evil. Das Böse
Hanser 2005. dtv 2007
Hagerup, Hilde
Löwenzahnlied
Nagel & Kimche 2004. dtv 2006
Hagerup, Klaus
Die Kaninchen singen in der Nacht
Hanser 2005
Markus und der Karaokekönig
Sauerländer 2007
Jones, Diana Wynne
Sophie im Schloß des Zauberers
Carlsen 2005 u. 2008 (Sonderausgabe)
Linklater, Eric
Wind im Mond
überarbeitet von Gabriele Haefs
dtv, Reihe Hanser 2004
Tiefseepiraten
dtv 2007
Morris, Gerald
Der kecke Knappe und sein König
Carlsen 2003
Die letzte Lanze für die Lady
Carlsen 2002
Platz für Parzivals Pagen
Carlsen 2003
Reuter, Bjarne
Das Ende des Regenbogens
Carlsen 2003
Ein Fakir für alle Fälle
Sauerländer 2000. Carlsen 2002
Prinz Faisals Ring
Sauerländer 2002. Carlsen 2005
Westerfeld, Scott
Pretty – Erkenne dein Gesicht – Special 2
Carlsen 2007
Nicht mehr lieferbare Titel
Ambjørnsen, Ingvar
Peter und der Prof. Die Asphaltdichter
Sauerländer 1998
Peter und der Prof. Die blauen Wölfe
Unionsverlag 1999
Peter und der Prof. Die Rache vom Himmel
Sauerländer 1997
Peter und der Prof. Die Riesen fallen
Sauerländer 1988
Peter und der Prof. Endstation Hauptbahnhof
Sauerländer 1989
Peter und der Prof. Flammen im Schnee
Unionsverlag 2000
Peter und der Prof. Nach dem Orkan
Sauerländer 1996
Peter und der Prof. Wahrheit zu verkaufen
Sauerländer 1992
Peter und der Prof. Verrat auf See
Carlsen 2002
Samson und Roberto. Aber wir müssen doch keine Angst haben, oder?
Carlsen 2000
Samson und Roberto. Und das soll Musik sein?
Carlsen 2000
Samson und Roberto. Wie finden wir das denn?
Carlsen 2001
Brodin, Elin
Lieber Poti
Sauerländer 1993
Hagerup, Klaus
Tiefer als der Ozean
Sauerländer 1995
Wo die Drachen fliegen
Sauerländer 2000
Hovland, Ragnar
Alfred der Bär und Samuel der Hund steigen aus dem Pappkarton
Hanser 1996
Lindell, Unni
Annas Kind
Gruner und Jahr 1982
Der Knutschfleck
Sauerländer 1998
Randsborg Jenseg, Grete
Engel küßt man nicht
Gabriel 1996
Hallo Lukas – sagt der Vater
Gabriel 1999
Lieber Niemand
Gabriel 1994
Der Sommer ist ein Vogel
Arena 1991
Vergessen – nie!
Gabriel 1999
Wegelius, Jakob
Esperanza
Patmos 2002
Winding, Thomas
Großvaters Geschichten von den Tieren
Hanser 2003
Mein kleiner Hund Mister und andere Tiere
Carlsen 1996